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Grinding: Die Tee-Zeremonie der virtuellen Welt

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Jul 5 '2018, 14:07 | von Farina
Liebe MitGeeks,


in unserem heutigen Beitrag zur Geek Kultur beschäftigt sich unser Gründer Matthias mit der Spielmechanik des "grinden" - also der wiederholenden Tätigkeit. 


Wie stehst du zu dieser populären Spielmechanik? Nervig, aber nötig? Voll ok, macht Spaß? Nur nervig, weil billig? Wir sind gespannt auf dein Feedback!


Alles Liebe

Eure

Farina



Wer schon ein paar Jahre in MMORPGs auf dem virtuellen und realen Buckel hat, der kann sich sicher noch erinnern: Während wir alle gemütlich im World of Warcraft Hype Train saßen und Instanz nach Instanz gefeiert haben, schwappten so langsam auch immer mehr MMORPGs aus dem asiatischen Raum zu uns nach Europa/USA/”dem Westen”.


Diese waren relativ schnell für eine Sache verschrien: Grinding - also das vorherrschende Spielsystem, dass sich auf einen repetitiven Ablauf von Aufgaben konzentriert.
Schnell wurde daher auch der Begriff der “Asian Grinder” gefunden, um solche Spiele-Systeme zu beschreiben.


Let the Grind begin!


In der virtuellen Welt der MMOs (wo sie am meisten vorkommen), zeichnet sich das ungefähr so aus:


Beispiel:


Daraufhin macht sich der tapfere Spieler auf, um die nächsten Stunden, Tage, Wochen diese Gegner immer und immer und immer und immer und immer… *kopf auf tisch knall* - *ups* .. und immer wieder zu killen. Dabei fällt auch etwas Loot (= die Belohnung) ab und irgendwann ist dann auch das Ziel erreicht.


Zurück zum NPC - kleine Belohnung kassieren und den Hinweis bekommen, dass man diese Quest so oft wiederholen kann wie man möchte (Respawn sei dank)


Auf geht's, die Zombie-Einhörner haben heute nichts zu lachen!


Das Spielsystem hinter dieser Quest versteckt sich mehr oder weniger hinter vielen MMO Quest:


Das Spielsystem der Wiederholung.


Leicht zu finden auch in sogenannten “Farm” Gebieten, wo Spieler nichts anderes tun, also Unmengen an Mobs (Gegner) zu töten bis sie


a) alle Resources zusammen haben


b) ein gewisser spezieller Gegner spawnt


b) ein Event ausgelöst wird etc.

Die Möglichkeiten sind zahlreich, die Wiederholung ihre Essenz.

Während also diese Spielmechanik ein Grundbaustein eines jeden MMOs ist, gibt es doch einen eklatanten Unterschied in der Ausführung. In meinen vielen Jahren als Product Manager von MMOs, in denen ich zahlreiche MMOs aus dem asiatischen Raum (Taiwan, Korea, China…) in den Westen gebracht habe, fällt doch eine Sache immer wieder auf:


In asiatischen MMOs wird der Grind, die Wiederholung, das farmen zelebriert während in Europa der exzessive Gebrauch dieser Mechanik Spieler abschreckt.


Während wir bei der Adaption dieser Spiele für den westlichen Markt also gut beschäftigt waren, diese Zelebration des Grinds so gut wie möglich zu verstecken (Anpassung von Quests und deren Belohnung, Lokalisierung, Parameter modulieren...





... ernteten wir von unseren asiatischen Kollegen oft nur Unverständnis und fragende Blicke.


Während uns voller Stolz Spielsysteme vorgestellt wurden “die nur mehr eine Steuerung mit der Maus benötigen, um Gegner zu killen, die andere Hand also frei bleibt zum Essen und Rauchen” -




... fixierten wir gedanklich schon mehrere Meetings mit dem Design-Team, um dieses "Feature" für den westlichen Markt anpassen zu können.


Erfolgsformel: Perfektion durch Repetition


Warum sind also diese Mechaniken in Asien so beliebt, bei den europäischen Spielern aber gefürchtet und verflucht?


Diese Frage hat mich während meiner Zeit in der MMO-Industrie nicht nur geschäftlich, sondern auch persönlich sehr beschäftigt.


Bis ich mich mit der asiatischen Form der Tee-Zeremonie beschäftigt habe. Könnte hier ein Indikator in Form von köstlichem Tee, der nach uralter Tradition genossen wird vorliegen, der bis in die virtuellen Welten reicht?


Die Tee-Zeremonie feiert die Kunst der Wiederholung. Alles läuft nach einem vorgegeben Schema, nach einer Tradition, die nicht gebrochen werden darf da sie nur so zur Erfüllung führt. Es werden immer und immer und immer und immer.. ok, you get it… dieselben Handgriffe, dieselben Aktionen ausgeführt mit demselben Ergebnis. Dies wird als Erfüllung, als Möglichkeit zur inneren Einkehr betrachtet.


Wikipedia dazu:


Es ist eine in ihrem Ablauf bestimmten Regeln folgende Zusammenkunft, bei der ein oder mehrere Gäste von einem Gastgeber Tee und leichte Speisen gereicht bekommen. Um dem Gast die Möglichkeit zur inneren Einkehr zu bieten, findet die Zusammenkunft in einem bewusst schlicht eingerichteten Teehaus statt.


Dieser Drang zur Perfektion und der damit verbundenen ritualisierten Wiederholung, durchdringt anscheinend die Gesellschaft so sehr, dass diese Wiederholung auch in den neuen virtuellen Welten einen festen Platz besitzen.


Adaptiert man dieses Konzept von der realen auf die virtuelle Welt, könnte man folgendes darin erkennen:


Es ist eine in ihrem Ablauf bestimmten Regeln folgende Zusammenkunft, bei der ein oder mehrere Gäste von einem Gastgeber Tee und leichte Speisen gereicht bekommen.


--> Spieler bekommt Quests, erledigt die Quest nach vorgegeben Regeln und bekommt dafür Loot.

Um dem Gast die Möglichkeit zur inneren Einkehr zu bieten, findet die Zusammenkunft in einem bewusst schlicht eingerichteten Teehaus statt.


--> Viele der sogenannten Asia-Grinder zeichnen sich durch eher schlichtere Grafiken aus, da die Kunst der Wiederholung keine großartigen Grafik-Effekte benötigt. Sieht man sich in asiatischen Internet-Cafes um, merkt man, wie “Zen” mäßig die Spieler Stunde um Stunde gebannt auf den Bildschirm starren.

Könnte hier also ein Zusammenhang gestellt werden?


Ist das repetitive töten von virtuellen Gegnern, das mit dem rituellen klicken derselben Buttons einhergeht, vergleichbar mit dem ritualisierten Genuss von Tee?


Oder beuge ich mich hier viel zu weit aus dem virtuellen Fenster? Hat die Kunst der Wiederholung in Europa nicht den Stellenwert?


Warum ist Grinding als Spielmechanik so erfolgreich?




Wie so oft, zeigt sich in asiatischen Gaming-Trends, was wir in ein paar Jahren als Trend hier wahrnehmen werden. Die asiatische Spielkultur setzt hier Trends, die wir (fast) immer auch in gewisser Form in Europa oder Amerika sehen werden.


Auch hier im Westen erlebt die ritualisierte Belohnung als Gaming-Faktor mehr und mehr Zuspruch.


Gerade im mobile Gaming Bereich, der mit limitieren Eingabegeräten leben muss, sieht man diese Formel mehr und mehr in diversen Spielen auftauchen.


Slot-machine games, flappy bird, endless runner… quasi automatisiert Spielmechaniken, die nur mehr ein Minimum an wiederholender Eingabe benötigen um den Endorphin-Ausstoß im Gehirn via virtueller Belohnung auszulösen.

Grinden an sich gehört aber wohl auch zum Leben. Wir grinden Geld, um uns ein Auto oder Haus zu kaufen, wir grinden Überstunden, um die nächste Beförderung zu bekommen…

Der dritte Faktor für den Erfolg des Grind-Konzepts ist deren Einfachheit. Töte 100x Regenbogen-Drache, bekomme Belohnung Y ist um Welten einfacher, als Belohnungen im realen Leben zu bekommen. Jeder weiß was zu tun ist und jeder bekommt die gleiche Belohnung.


Das Konzept des Grinding finden wir also in gewissen Formen in jeder Gesellschaft und damit mit auch in deren Spielen. Ob eine Tee-Zeremonie jedoch ausreicht, Präferenzen in Spielmechaniken zu begreifen…. nun: Vielleicht :)


So, muss jetzt los, die 20 Ratten killen sich nicht von alleine!


Kommentare:

Farina Admin
Jul 5 '2018, 15:31
Klingt nach einer positiven Auslegung, viel Erfolg *g Grinding bezieht sich sicher nicht nur auf MMOs, man findet es in Ansätzen wohl in fast allen Spiel-Genres wieder. Sei es die Coins in den Lego-Spielen oder grinden von Kräutern für die nächste Potion...Klingt nach einer positiven Auslegung, viel Erfolg *g Grinding bezieht sich sicher nicht nur auf MMOs, man findet es in Ansätzen wohl in fast allen Spiel-Genres wieder. Sei es die Coins in den Lego-Sp...Kommentar vollständig anzeigen
Shadow20
Jul 5 '2018, 18:35
Grinden stört mich an sich nicht in Spielen. Finde es schlimmer das bei den heutigen Spielen das grinden keine Herausforderung ist. Komme bei MMO's noch aus die guten alten Zeiten von EQ2. Da hat man einen Inni nur nach meheren Anläufe und einer guten Gruppe packen können und bei den heutigen Spiele reicht es wenn 2 aus der Gruppe wissen was zu tun ist und man spaziert da durch. Grinden kann manchmal mit den richtigen Leute sogar richtig Spaß machen wenn man nur unfug labbert und so weiter:DGrinden stört mich an sich nicht in Spielen. Finde es schlimmer das bei den heutigen Spielen das grinden keine Herausforderung ist. Komme bei MMO's noch aus die guten alten Zeiten von EQ2. Da hat man ...Kommentar vollständig anzeigen
Nukular
Jul 6 '2018, 1:17
Wenn die Tätigkeit ansich Spaß macht, hab ich kein Problem mit grindigeren Inhalten. Hab sehr lange Diablo und Division gespielt und und es hat mich nicht gestört, immer die gleichen Gebiete und Missionen zu spielen, da sie ja doch immer wieder ein wenig anders ablaufen und man ja auch nicht auf ein bestimmtes Ziel hinarbeitet, sondern sich einfach überraschen lässt, was man so findet. Einen bestimmten Bossgegner oder Gegnertyp aber immer und immer wieder umzuhauen, damit man vielleicht irgendwann Item X bekommt, ist mir allerdings völlig fremd. Hab zwar nie wirklich lange MMOs gespielt, aber viele Jahre Guild Wars 1 (was ja so ein bisschen in die Richtung geht) - dort kam es mir bei den Raids aber nie darauf an, die seltenen Items zu bekommen, sondern ich wollte einfach nur die Mission mal schaffen. Und nachdem ich alles einmal geschafft hatte, war für mich dann leider die Luft raus aus dem Spiel. Da ging es mir lediglich um die Herausforderung.Wenn die Tätigkeit ansich Spaß macht, hab ich kein Problem mit grindigeren Inhalten. Hab sehr lange Diablo und Division gespielt und und es hat mich nicht gestört, immer die gleichen Gebiete und Missi...Kommentar vollständig anzeigen
Farina Admin
Jul 6 '2018, 10:32
Finde auch dass grinden durchaus etwas entspannendes haben kann. Nicht jeden Abend hat mal Lust auf Bumm-Bumm & Action sonder einfach gemütlich im Jogging-Anzug ein paar Quests zu machen *g
LSBorg
Jul 6 '2018, 11:44
Dabei kann man sich dann nebenbei auch immer ne Serie anschauen, denken oder großartig aufpassen muss man beim Grinden ja nicht^^
Chris35
Jul 6 '2018, 19:51
Grinden in WoW... tägliche Quests machen für paar Punkte Ruf, eine Spezielle Verzauberung oder ein Mount/Pet! Erst macht man dies mit dem Mainchar, dann dem Second Char mit dem man auch raidet und dann mit noch mehr Chars*hust*. Oder man grindet die alten Raids ab z.B. Ulduar mit 10 Chars und statt dem Mount hat man 5 Legendäre Kolben. Manchen macht das ganze auch Spaß, aber ich habe glücklicherweise aufgehört. In RPG Games war grinden OK oder in manchen Strategiegames solange es in "maßen" bleibt.Grinden in WoW... tägliche Quests machen für paar Punkte Ruf, eine Spezielle Verzauberung oder ein Mount/Pet! Erst macht man dies mit dem Mainchar, dann dem Second Char mit dem man auch raidet und dan...Kommentar vollständig anzeigen
Karroth
Jul 6 '2018, 21:35
ich liebe grinden, allerdings nur in singleplayerrpgs, da es da auch einen unterschied macht, meistens macht es ja wenig sinn in mmos monster zu grinden, da quests die selben resultate bringen für nichtmal annähernd den aufwand, und quests etc. zu grinden macht mir halt auch nur spass wenn es einen unterschied macht, nicht wenn es nur ein paar rufpunkte oder 5% exp bringt.ich liebe grinden, allerdings nur in singleplayerrpgs, da es da auch einen unterschied macht, meistens macht es ja wenig sinn in mmos monster zu grinden, da quests die selben resultate bringen für nic...Kommentar vollständig anzeigen
MrFluffy
Jul 6 '2018, 22:28
Den Begriff "grinden" kenne ich so gar nicht groß, ich kenne das eher unter dem Begriff "farmen". :D
Das Ganze auf die Teezeremonie zu beschränken finde ich eher weit hergeholt, da diese in ihrer rituellen Form nur so in Japan vorkommt und auch da eher nur von wenigen gepflegt wird. Ich würde das ganze eher einem gewissen Teil asiatischen Mentalität zuschreiben, der über Jahrhunderte entstanden ist unter dem Einfluss von Buddhismus, (Meta-)Konfuzianismus, Zen und verschiedenen Kampfmentalitäten (Bushido, Karate, Shaolin,…) = Geduld, Wir-Denken, Arbeitsam, Strebsam, Unterordnung (z.B. Aufgaben die gestellt werden, werden nicht in Frage gestellt und nur wer hart arbeitet kommt weiter).
Die zweite Seite ist das Abschalten von der Asiatischen Leistungskultur, einfache Aufgaben in festen Abläufen immer wiederholen, bedarf kein großes Nachdenken oder Entscheiden.
(Das ist meine Meinung)

Persönlich bin ich kein großer Freund von grinden/farmen. Ich mach zwar gerne achievements aber wenn das heißt 10k mal denselben Gegner zu killen um z.B. in Xh 0,1% im Level zu steigen (z.B. in Ragnarök), verliere ich schnell die Lust daran. Bestes Beispiel Diablo 3. 1000-mal dieselbe Geschichte, Maps und Monster durchzuspielen und am schlimmsten ist es dann noch, wenn man Sachen sucht, die über eine Wahrscheinlichkeitsfunktion gesteuert wird…..
Dann lieber ein Spiel mit fortlaufender Geschichte und vielen Möglichkeiten wie z.B. Life is strange. ; )
Den Begriff "grinden" kenne ich so gar nicht groß, ich kenne das eher unter dem Begriff "farmen". :D
Das Ganze auf die Teezeremonie zu beschränken finde ich eher weit hergeh...Kommentar vollständig anzeigen
Farina Admin
Jul 13 '2018, 9:39
Der Punkt "in Maßen" ist wohl wirklich ausschlaggebend ob es als "mühsam" oder als "spaßig" bezeichnet wird. Hier hat aber wohl jeder eine andere Schmerzgrenze. Sicher schwer für die Entwickler, alle zufrieden zu stellen... mmmh. Andererseits gibt es mittlerweile eine so große Fülle an Games, das man auch schneller wechselt...Der Punkt "in Maßen" ist wohl wirklich ausschlaggebend ob es als "mühsam" oder als "spaßig" bezeichnet wird. Hier hat aber wohl jeder eine andere Schmerzgrenze. Sicher sc...Kommentar vollständig anzeigen
Lukas1993
Jul 16 '2018, 22:10
Beim Grinden kommt es auch auf die Story an. Wenn mir die Story einmal Spaß gemacht hat, dann kann ich auch Jahre lang in einem Spiel versinken, und auch ein paar mal neu anfangen um alle Waffen zu finden. Meine Freunde und ich spielen schon über 15 Jahre Phantasy Star Online auf dem Gamecube und mittlerweile auch auf dem PC und nach Stundenlanger Suche das Item zu finden ist einfach toll :D Oder eine Rare Monster. Wobei man sich auch hier und da mal des ein oder anderen trickes bediente :DBeim Grinden kommt es auch auf die Story an. Wenn mir die Story einmal Spaß gemacht hat, dann kann ich auch Jahre lang in einem Spiel versinken, und auch ein paar mal neu anfangen um alle Waffen zu fi...Kommentar vollständig anzeigen
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